Wir wollen Teamarbeit fördern, indem wir das Erreichen von Teamzielen belohnen. Das klingt logisch, ist es aber nicht. Teamziele erreichen das Gegenteil.
Teamziele werden zum Beispiel als gemeinsam erreichter Umsatz, die gemeinsame erfolgreiche Projektentwicklung und ähnliches formuliert. Die Belohnung wird zu gleichen Teilen an die Teammitglieder ausgeschüttet. Folge: „T.E.A.M. – Toll, ein anderer macht’s.“
Der Ringelmann- Effekt
Schon 1886 machte der Franzose Ringelmann einen Versuch, der den Effekt von Teamarbeit in Frage stellt. Er maß die Kraft beim Tauziehen, wenn jeder für sich kämpfte und maß die Kraft, wenn die ganze Mannschaft an einem Seil zog. Das Ergebnis war eindeutig. Bei der Einzelarbeit betrug die Kraft 85 kg und im Team gerade einmal 65 kg. Um den Koordinationseffekt herauszunehmen, verband man den Tauziehern die Augen. Einmal zogen die Probanden mit der Information alleine zu ziehen und einmal unter der Annahme im Team zu ziehen. Das Ergebnis war das gleiche. Wieder wurde alleine mit mehr Kraft gezogen. Dieses Phänomen ist als Ringelmann-Effekt in die Wissenschaftsgeschichte eingegangen.
Soziales Faulenzen und Teamziele
Der Begriff des „sozialen Faulenzen“ geht in eine ähnliche Richtung. Vermutet wird, dass uns das Team in Sicherheit wiegt und unsere Anstrengungen reduziert.
Spieltheorie
Noch klarer scheinen mir die spieltheoretischen Überlegungen. Auch wenn ich weniger tue, werde ich immer noch belohnt für das, was die anderen geleistet haben. Mache ich nichts, kann ich unter diesen Rahmenbedingungen nicht verlieren. Ich gewinne immer, solange einer im Team sich engagiert. Wenn keiner mehr etwas tut, gewinnt niemand etwas, aber es verliert auch niemand etwas.
Wahrnehmungs-Bias und die Gerechtigkeitslücke – der eigene Teambeitrag wird immer überschätzt
Der Wirtschafts-Nobelpreisträger Daniel Kahneman führt aus, dass zum Beispiel Eheleute beide den eigenen Beitrag an der Haushaltsarbeit überschätzen. Werden die geschätzten Anteile von Eheleuten addiert, liegt die mittlere Summe bei 120 Prozent. Wir sehen unsere eigene Arbeit immer, während wir die Arbeit des anderen nicht unbedingt sehen. Teamziele programmieren also auch immer Unzufriedenheit, weil uns die Wahrnehmungsverzerrung eine Gerechtigkeitslücke beschert.
Der volkswirtschaftliche Blick – das Prinzip der unsichtbaren Hand
Ökonomen sind sich einig, dass das Prinzip der unsichtbaren Hand die soziale Marktwirtschaft erfolgreich macht. Die Marktregeln sind so gestaltet, dass das individuelle Streben nach Erfolg zu einem gemeinwirtschaftlichen Nutzen führt. Das Ziel ist individuell und die Gemeinschaft hat den Nutzen.
Bei Teamzielen ist es genau umgekehrt. Das Ziel liegt im Team, der Nutzen (anteiliger Bonus/Prämie) ist individuell. Teamziele sind also großer Unsinn! Der Einzelne macht, der Gewinn wir auf alle verteilt.
Nie wieder Teamziele? Wie geht es also richtig?
Das Ziel sollte individuell messbar sein und auf den Teamnutzen ausgerichtet sein. Das Gegenteil erreichen wir bei Zielen, deren Erreichen vom Zugriff auf knappe Ressourcen abhängen. So werden Kämpfe um gemeinsame Mitarbeiter, Aushilfen, Kunden, Projekte etc. ausgelöst. Diese Kämpfe zerstören den Teamgeist, belohnen die Egoisten und Rücksichtslosen im Team und binden völlig nutzlos Energien und Arbeitszeiten. Beispiele für individuell belohnte und teamnutzenorientierte Ziele können zum Beispiel Umfang und Zahl initiierter gemeinsamer Projekte, Kunden und Aktivitäten sein.
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