Ein hochansteckender Virus ist ausgebrochen. Gibt es einen Impfstoff gegen schlechte Laune?
Das, was wir Empathie nennen, macht uns empfänglich für die Gefühle unserer Mitmenschen. Sobald wir Kontakt aufgenommen haben und die gleiche Wellenlänge miteinander teilen, sind wir in der Lage, mitzufühlen. Trauer, Leiden, Schmerzen, Glück, Zufriedenheit, Gelassenheit, innere Sicherheit. Aber eben auch schlechte Laune. Gibt es jetzt ein Vakzin, das die guten Sachen reinlässt und die schlechten draußen? Gibt es so etwas wie eine selektive Firewall?
Von Aprikosen und Kokosnüssen
Zunächst einmal scheint es zwei Typen zu geben, mit schlechter Laune und daraus resultierenden Anfeindungen umzugehen. Die Kokosnuss lässt zunächst gar nichts an sich heran. Eine harte Schale um sich herum, prallt alles an ihr ab und sie lässt erst beim dritten oder vierten Blick jemanden hinter die Fassade schauen.
Etwas schwieriger wird die Aufgabe für die Aprikosen (weiche Schale, harter Kern). Die Aprikose lässt erstmal alles herein.
Strategie 1: Die Plexiglasscheibe
Stell Dir vor, Du bist unter Menschen, im Unternehmen, auf der Straße oder, wie derzeit häufig, in einer Videokonferenz. Deine Haltung und Einstellung ist: „Das ist ja interessant. Da bin ich jetzt mal neugierig, wer welche Laune hat (z.B. auf einer Skala von -10 bis +10). Oh, Andrea ist heute bei -4. Was ihr wohl widerfahren ist? Und wie ein Grippevirus sucht schlechte Laune den nächsten Wirt. Ich bin gespannt, welchen Wirt sich Andreas schlechte Laune als nächstes aussucht.“
Mit dieser Rationalisierung haben die Schlechte-Laune-Viren kaum eine Chance, meine emotionale Seite zu erreichen. Der Preis dieser Strategie kann allerdings hoch sein. Ich bin in dieser Situation nur Beobachter und nicht wirklich Teil des Systems. Wenn ich mich aber notgedrungen und bewusst in ein Hochrisikogebiet begebe, ist das eine durchaus erfolgreiche und nützliche Strategie.
Strategie 2: Die Antikörperstrategie
Die Biologie macht uns vor, wie man mit gefährlichen Viren umgeht. Vielleicht ist das ja auch hilfreich für den Umgang mit schlechter Laune. Als erstes muss die schlechte Laune erkannt werden – sie wird markiert. Sobald sie markiert ist, wird sie von den Fresszellen zerstört. Das Immunsystem ist hier vergleichbar mit einem Gute-Laune-Beauftragten. Der Antikörper zu schlechter Laune ist gute Laune: Der Verbreiter des Schlechte-Laune-Virus kommt herein und grummelt etwas wie „Wie sieht es denn hier schon wieder aus?“ (oder eben eine der weiteren, unzähligen Möglichkeiten, schlechte Laune zu äußern.) Schnelle, spontane Antwort des Antikörpers, mit heller, freundlicher Stimme und nettem Gesichtsausdruck: „Hallo, Dir auch einen schönen Tag!“ Es gibt aber auch weitere, schöne Entgegnungen: „Hast Du ein Monster gefrühstückt heute Morgen?“ Freundlich lächeln nicht vergessen.
Gelungener Konter bei schlechter Laune
Ein Beispiel aus meinem Arbeitsalltag. Ich hatte einen Chef, der sagte zu einer Kollegin: „Das ist bis morgen früh fertig“ in einem recht harschen, unfreundlichen Ton. Meine Kollegin setzt ein verschmitztes Lächeln auf, schlägt die Hacken zusammen und sagt: „Yes, Sir.“ Der Chef dreht sich um, guckt verdutzt und muss dann aber doch lachen. Danach hat sich der Chef seinen autoritären Ton tatsächlich abgewöhnt.
Ein weiteres Beispiel im Verhältnis von Chef zu Sekretärin: Ein cholerischer Chef und eine starke, nicht leicht zu beeindruckende Sekretärin. Der Chef kommt ins Vorzimmer und brüllt die Sekretärin an, wegen irgendwelcher Fehler bei der Terminplanung. Die Sekretärin geht auf den Fehler gar nicht ein und sagt: „Immer, wenn Sie mich so anschreien, wird mir ganz erotisch zumute.“ (Vorsicht: Nachahmung ist nicht unbedingt zu empfehlen.)
In jedem Fall gilt: Nimm Anfeindungen von schlecht gelaunten Kollegen nicht persönlich. Der Schlechte-Laune-Virus sucht nur nach einem neuen Wirt und wenn Du jetzt zur falschen Zeit am falschen Ort bist, hat das noch lange nichts mit Deiner Person zu tun. (Gesagtes nicht persönlich nehmen)
Was sind Deine Ideen? Wie kann ich die schlechte Laune eines Kollegen abblocken, bevor sie auf mich übergeht? Schreib uns, wenn Du schon einmal eine gute Entgegnung auf schlechte Laune mitbekommen hast oder sie Dir selbst gelungen ist.
©Grannemanns Workbook