Eine zentrale Weisheit der Sufis lautet: Am Anfang Staub, am Ende Staub und dazwischen Musik und Tanz. Warum sollte ich da nicht glücklich sein!
Auch wenn wir es nicht glauben mögen, wenn wir in die Medien schauen und wir uns die Verteilung unserer Gefühle und Empfindungen bewusst machen, die eben voll ist von Trauer, Angst, Frust, Wut, Enttäuschung. Auch wenn wir es nicht glauben mögen – der Menschheit ging es noch nie so gut wie heute. Noch nie gab es so wenig Kriege, so wenige Tote durch Gewalt und Hunger. Es gab noch nie so viel Wohlstand.
Objektiv ging es uns noch nie so gut wie heute
Objektiv mag es uns ja gut gehen, subjektiv gilt das nicht. Denn der Mensch ist nicht dafür konstruiert worden, glücklich zu sein. Unsere Gene sind darauf programmiert, immer nur danach zu streben. Haben wir dieses Glück erreicht, werden die Skalen wieder auf null gesetzt. Damit werden unsere Erwartungen immer wieder neu ausgerichtet auf das höhere Niveau. Das heißt, mit jedem Erfolg und mit jedem Fortschritt erhöhen sich unsere Erwartungen an uns selbst und an andere.
Sag mir, welche Sorgen Du hast, und ich sage Dir, wie es Dir geht
Wir sind als Menschen völlig unfähig, einzuschätzen, wie es uns objektiv geht. Zufriedenheit messen wir immer relativ. Die Menge an dem Sorgen-Neurotransmitter Cortisol ist immer konstant. Das Sich-Sorgen-Machen ist ein fest eingeplanter Zustand. Das Gefühl ist immer gleich, nur das Objekt der Sorge hat sich sehr verändert. (auch interessant: Der Weg aus der Angst – 4 Schritte)
Es sind die Erwartungen, die uns Stress machen
Abraham Maslow hat eine Hierarchie der Bedürfnisse ausgemacht. Zuerst geht es darum, unsere physiologischen Bedürfnisse zu befriedigen. Danach die sozialen, das Bedürfnis nach stabilen Beziehungen und Bindungen und dann die höchste Stufe der Selbstverwirklichung. Es gibt immer mehr Menschen, deren Anteil an Selbstverwirklichung immer größer wird. Ist es sinnvoll, was ich mache? Fülle ich meine Zeit richtig aus? Werde ich diesem Leben gerecht, denn ich habe nur eins davon?
Ich selbst und damit natürlich auch Grannemanns-Workbook ist voll von Ideen und Lösungen, das Leben effizienter und effektiver zu machen. Also letztendlich das Arbeitsleben mit mehr Sinn zu füllen. Aber wir haben uns auch auf die Fahne geschrieben, das Leben einfacher und leichter zu machen.
Ein Gegenmittel gegen die Schwere, gegen den Stress, gegen das Eingesperrt-Sein in unser eigenes Ego mit all unseren Erwartungen an uns und andere ist ein einfacher Satz:
Nimm Dich nicht so wichtig!
Je mehr wir im Maslowschen Sinne in Richtung Selbstverwirklichung gehen, droht die Gefahr, dass wir uns und unser Leben für viel zu bedeutsam halten. In der Befriedigung der sozialen Bedürfnisse sind wir Teil von Familien und anderen Gruppen. Im Teil der Selbstverwirklichung wird unser Ego schnell zum Maß aller Dinge, mit all den Übererwartungen an uns und andere. Deshalb ist es auch kein Zufall, wenn Soziologen und Psychologen zunehmend von einer narzisstischen Gesellschaft sprechen. Für uns persönlich bedeutet dieses Übermaß an Erwartungen schlichtweg Stress, übermäßigen Frust, Ärger, dass die Welt nicht so ist, wie sie für mich sein sollte.
In diesem Sinne: Gib diesen Erwartungen mal Urlaub. Schicke sie weit weg. Kann es sein, dass in Deinen Schultern etwas Spannung steckt als körperliches Pendant zu inneren Dialogen wie „Du solltest doch, Du musst noch, …“. Und vielleicht gelingt es Dir, zu spüren, dass in dem Maße, wie die Erwartungen verschwinden, auch diese Spannungen in Deinen Schultern nachlassen.
Ich und mein Leben sind vielleicht längst nicht so bedeutsam, wie ich glaube. Wenn diese großen Selbstverwirklichungs-Erwartungen weg sind, ist Dein Blick vielleicht wieder frei auf das Wunder, wie gut es schmecken kann, ein Glas Wasser zu trinken oder dankbar zu sein für die Fähigkeit, sehen zu können und dass die Welt auch noch so bunt ist. Tue die Bedeutung beiseite und vielleicht kommt dann mehr Genussfähigkeit und Dankbarkeit zurück.
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