Wieso verbringt man so viel Zeit damit, unsicher und gestresst durch die Arbeit zu gehen? Wie kann man sich nur ganze Tage versauen durchs ständige Aufschieben? Sich stundenlang unnötige Sorgen machen, grübeln, was alles passieren könnte oder passiert ist? Wie kann man nur die eigenen wichtigen Dinge immer wieder liegen lassen und sich gerne davon ablenken lassen, was andere von einem wollen? Wie kann man stundenlang rumgrummeln, sich ärgern über das Verhalten, die Sprüche anderer?
Arbeit kann richtig Spaß machen und erfolgreich sein. Aber warum verbringen wir so viel Zeit mit Sorgen, Ärgern, Grübeln, Verschieben, Aufgeben, Hadern, Schimpfen und Jammern?
Das muss sich doch ändern lassen. Das war wohl irgendwann der innere Auftrag.
Können wir uns umprogrammieren?
Beruflich arbeite ich an den Kulturen von Unternehmen und damit automatisch an der Führung. Genau dasselbe. Integre, weise, kluge Menschen, die zwar Empathie besitzen, aber was bringt das, wenn sie keine Zeiten haben, sie auch zu nutzen?
Aber ist das überhaupt möglich? Ist das nicht der Preis des Lebens? Denn schließlich sind wir nicht zum Glücklichsein geschaffen worden, sondern nur dafür, danach zu streben. Können wir überhaupt etwas verändern? Oder sind wir intelligente, aber einfach von Trieben gelenkte Tiere?
Können wir uns überhaupt umprogrammieren? Oder sind Menschen glücklich, weil sie von Natur aus so sind? Haben wir den Freiraum, dem Schicksal von der Schippe zu springen?
Nach 25 Jahren Rauchen, am Ende bis zu 3 Packungen am Tag, habe ich eines Tages aufgehört, ohne Entzugszittern oder Nichtrauchermilitanz. Und das, weil ich Bücher gelesen und Leute gefragt habe. Danach habe ich zwanzig Kilo abgenommen und fühlte mich wieder wohl. Ich kann mir heute Namen merken, obwohl ich davon überzeugt war, das niemals zu können. Ich habe früher keine Witze erzählen können. Ich habe jede Pointe verhauen. Ich habe Beziehungen wieder hinbekommen, obwohl ich sie schon aufgegeben hatte. Alles nur, weil ich die Methoden, Ideen, Strategien anderer Menschen aufgenommen habe. Haben alle Ideen funktioniert? Mitnichten. Im Workbook finden sich auch Strategien, die bei mir nicht gefunkt haben, aber bei anderen. Darum sind auch sie Teil des Workbooks. Manche passen (noch?) nicht.
Kurz: Ja, ich glaube daran, dass es Punkte der Entscheidung gibt und dass es Intelligenzverstärker gibt, die uns helfen, uns viel schneller zu Ent-Wickeln. Wir können alte Gewohnheiten loslassen und neue, bessere aufnehmen. Ich muss nur offen sein und möglichst viele Punkte in der Timeline schaffen, an denen ich Weichen stellen kann.
Alle Lösungen, die bei mir funktioniert haben, haben zu tun mit einem veränderten Verhältnis von Bewusstem und Unbewusstem, oder -viel passender- von kognitiver und intuitiver Intelligenz, von System 1 und System 2 in Daniel Kahnemans „Schnelles Denken, langsames Denken“, oder von Reiter (kognitiv) und Elefant (intuitiv), wie es Jonathan Haidt ausgedrückt hat. Ich habe dem Reiter Gelegenheit gegeben, meinen Elefanten zu überzeugen. Der Reiter schlägt vor, der Elefant entscheidet. So sind nun mal die Machtverhältnisse. Und der Elefant ist von Haus aus nicht für die Welt geschaffen worden, die wir geschaffen haben. In den Zeitungen stehen alle Flüchtlinge, die die Regeln gebrochen haben. Wie viel Prozent derer, die Regeln einhalten, stehen in der Zeitung? Wir machen Fehler, wo wir nur hinschauen. Es geht im Workbook darum, den Elefanten schlauer zu machen. Nicht gegen ihn, sondern mit ihm zu arbeiten. Und viel hat mit dem Stupsen zu tun, mit dem Nudge. Das heißt, seine Welt mit vielen Dingen einzurichten, die es einfacher machen, das Richtige zu tun.
Warum diese Form?
Ich bin ungeduldig. Ich konnte schon vor der Digitalisierung der Welt nicht wirklich lange an einem Buch sitzen. Ich bin fürchterlich ungeduldig. Ich möchte in 3 Sekunden wissen, worum es geht und ob ich damit etwas anfangen kann. Darum liebe ich Bilder, Infografiken, die schnelle mentale Nahrung bieten. Ich habe nicht die Zeit, vier Seiten zu lesen, um festzustellen, dass nichts für mich dabei war. Ich habe kein Talent zum Zeichnen, aber ich habe mir den Mut erlernt, es trotzdem zu tun. Ich liebe es, Bücher aufzuschlagen und schon auf der ersten Seite sofort eine Erkenntnis zu haben. Ich fand Nietzsche mit seinen Aphorismen immer schon besser als Leibniz mit seinen langen Texten. Und gerade, wenn es schnell geht, steht viel Zeit dahinter.
„Entschuldige, dass ich einen so langen Brief schreibe, für einen kurzen hatte ich nicht die Zeit.“
Goethe
Mit jedem Lebensjahr nimmt die Dankbarkeit meinen Eltern gegenüber zu. Die kommunikativen Fähigkeiten meiner Mutter und mein Vater, der wohl gerne Philosophie studiert hätte, wenn er nicht als Ältester den Hof hätte übernehmen müssen. Und die Hoffnung, in dieser Entscheidung frei zu sein, die mit der Kinderlähmung seines Bruders zerschlagen wurde. Ein Hof ist eine gute Schule. Da werden mit Biegedraht und Zange die kompliziertesten Maschinen repariert. „Nicht Schnacken, Kopp in den Nacken“, „Where is the Beef?“, für Chichi ist da kein Platz, und wenn Du es nicht tust, tut es keiner. Pragmatismus pur. Und mit allen fünf Füßen auf dem Boden.
So hat das Workbook drei Bedeutungen: Mein Workbook (von denen es inzwischen über 100 gibt), in dem ein, für Dritte häufig nicht nachvollziehbares, Gekritzel steht. Das digitale Workbook hier im Netz und vielleicht Dein Workbook, das daraus entsteht.
Viel Spaß
Christian U. Grannemann