Tiefe Gespräche führen, ohne Rückfragen und stetigen Rednerwechsel? Ja, bitte!
Einfach mal zehn Minuten in einem durchreden ohne jegliche Unterbrechung.
Und dann kommt der andere dran.
Die Wahrheit kommt nach 10 Minuten.
Wir sind es gewohnt, Kommunikation als Dialog zu begreifen. Auf eine Aussage kommt eine Frage, eine Antwort, eine Ergänzung oder eine Entgegnung. Aber was passiert, wenn man sich nicht unterbricht, nicht antwortet, nicht entgegnet, sondern einfach weiterredet oder weiterreden läßt? Eine Freundin hat mir vom Heilmittel „Zwiegespräch“ des Paartherapeuten Michael Lukas Moeller und seiner Frau Celia Fatia erzählt. Ich teilte sofort ihren Gedanken: Das, was im Streit heilsam ist, kann für normale Beziehungen nicht schädlich sein. In jeder wichtigen Beziehung darf und sollte man tiefe Gespräche führen.
Wir kommen automatisch auf Gedanken und Gefühle, zu denen man im klassischen Dialog nicht kommt.
Ich habe es natürlich sofort ausprobiert. Es war wirklich verblüffend. Ich habe mit einer Idee gestartet, worüber ich reden wollte. Aber irgendwann ist das Geplante gesagt und die Gedanken erlauben es, sich in die Tiefe zu begeben und von Gedanken und Gefühlen zu sprechen, die man nicht geplant hat. Gedanken, die schon immer da waren, aber nie ausgesprochen wurden. Es ist erstaunlich, was alles hochkommt, wenn man einfach weiterreden soll, wenn man noch weitere fünf Minuten Zeit hat.
Der Dialog hält uns an der Oberfläche, der Monolog erlaubt Tiefe
Im privaten Umfeld funktioniert der „Switchtalk“ auf jeden Fall, aber auch mit meinen engsten Partnern, mit denen ich teilweise seit Jahrzehnten zusammenarbeite, ist ein solches Gespräch möglich.
7 Regeln, um tiefe Gespräche zu führen: Der Switchtalk
- Man redet 10 Minuten über seine Gedanken und Gefühle. Kein Wechsel, bevor die 10 Minuten vorbei sind.
- Man darf ausreden, keine Unterbrechungen.
- Nach 10 Minuten ist der andere dran.
- Minimum sind 2 mal 10 Minuten für jeden (Jederzeit erweiterbar auf 15 Minuten oder mehr Runden. Maximal 90 min, sprich 3 mal 15 Minuten).
- Der Zuhörer hört nur zu. Er unterbricht nicht, kann sich aber natürlich Notizen machen.
- Keine Fragen, keine Ratschläge, keine Vorwürfe.
- Festen Termin und Ort festlegen. Einen Automatismus installieren.
Es müssen nicht immer kluge Fragen sein, die uns zu Erkenntnissen führen. Es kann auch der Strom der eigenen Gedanken sein. Meine Freundin macht das schon länger mit Ihrem Mann. Und sie meinte: „Es fehlt einem was, wenn man aus welchen Gründen auch immer den Termin verpasst hat und ich freue mich auf jeden Switchtalk mit meinem Mann.“
Neugierig und motiviert genug, es selbst auszuprobieren?
Ein weiterer Grund, ein Gespräch zu suchen, besteht, wenn sich Ärger über lange Zeit angestaut hat.
© Grannemanns Workbook