Wir haben nicht nur eine Lücke der Durchschnittsgehälter zwischen Frauen und Männern, sondern vor allem auch in der Sichtbarkeit in den sogenannten Chef-Etagen, den Führungspositionen. Dass es diese Lücke gibt, liegt klar auf der Hand. Es liegt an den Rollenbildern der Menschen, die für Unternehmen einstellen oder befördern, an den Rollenbildern vieler Frauen selbst und an der immer wieder falschen Entscheidung – „Wer von uns kümmert sich um die Kinder und wer verdient weiterhin Geld?“.
Neulich im Führungsseminar sagt eine Teilnehmerin: „Morgen muss ich früher gehen, mein Kind abholen.“ Fragt der Trainer zurück: „Haben sie keinen Mann, der das tun kann?“
Ich trete für viel mehr Frauen in Führungspositionen ein, aber nicht weil sie Frauen sind oder weil Frauen die besseren Führungskräfte sind oder aus sicher nachvollziehbaren Gründen der Gerechtigkeit, sondern schlicht und einfach, weil wir ansonsten unheimlich viele gute Führungskräfte verlieren.
Befördert Frauen nicht, weil sie Frauen sind, sondern weil sie gut sind
Ich will doch keinen Chef, der männlich oder weiblich ist, sondern einen, der gut ist! Ich weiß nicht, wie es Dir geht, aber mir ist es egal, ob mein Vorgesetzter eine Frau oder ein Mann ist. Mir ist wichtig, ob ich gut geführt werde.
Ich würde jedes Unternehmen dafür belohnen, dass sie Kindertagesstätten aufmachen, betreiben und unterstützen, um es Männern leichter zu machen, Väter zu sein und es Frauen leichter zu machen, Karriere zu machen. Unternehmen sollten mit den Vorurteilen aufräumen, dass z. B. Führungskräftepositionen nicht durch Halbtagskräfte gemacht werden können. Ich selbst bin in einem Bereichsleiterjob mit 50% eingestiegen und konnte erst nach einem Jahr auf 80% aufstocken. Das war kein Nachteil – im Gegenteil. Ich war nahezu gezwungen, alle meine Mitarbeiter in Führungsaufgaben zu integrieren, diese zu teilen, Machtdistanzen zu reduzieren. Gute Führung ist keine Qualität von Anwesenheit, von immer da und erreichbar sein. Viele Monate Homeoffice unter Leadership-Remote-Bedingungen sollten das gezeigt haben. Gute Führung heißt, die richtigen Termine machen mit den richtigen Fragestellungen und Antworten.
Ich würde ja gerne mehr Frauen zu Führungspositionen befördern, aber es wollen zu wenige
Dafür ist nicht nur ein falsches Rollenbild der Frau verantwortlich („Sei bescheiden, sei nett, spiel Dich nicht in den Vordergrund, ecke nicht an, mach Dich nicht unbeliebt, lass den Männern den Vortritt – die müssen die Familie ernähren, uvm.), sondern auch das projizierte Rollenbild, was eine Führungskraft mitbringen muss. Dadurch kommen viele zu dem Schluss „Dafür bin ich nicht gut genug. Da werde ich nicht akzeptiert.“ Dabei ist das heroische, Heldenepos-Bild der männlichen Führungskraft längst überholt. Die Digitalisierung hat Organisationswelten geschaffen, in denen Führungskräfte nicht entscheiden müssen und den starken Mann spielen müssen, sondern Entscheidungen herbeiführen müssen. Führungskräfte müssen vielmehr zuhören, Sichtweisen aufnehmen, Perspektiven sammeln. Führungskräfte müssen klar und sachlich sein und Orientierung geben. Und nicht mit Alphamännchen-Aggression Widerstände brechen.
Solltest Du einen Führungsjob übernehmen?
Eigentum verpflichtet
Wer diese Fähigkeiten hat, sollte Jobs, die diese Fähigkeiten brauchen, auch nehmen. Eigentum verpflichtet. Wenn Du es nicht machst, tut es jemand anders, der nicht so gut dafür geeignet ist wie Du.
Liebe Frauen, ihr seid berufen für die nächste Führungsposition, aber nicht weil ihr Frau seid, sondern weil ihr gut seid.
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