Sich zu trennen, ohne zu verletzen. Das ist nicht leicht. Auch wenn wir vielleicht schon als Teenie viele Erfahrungen mit dem Schlussmachen sammeln konnten. Dabei hat das Bemühen, nicht zu verletzen, nicht selten alles viel schlimmer gemacht. Die größten Gemeinheiten entstehen durch Feigheit, nicht durch Boshaftigkeit. Beim Schlussmachen mit dem Arbeitgeber ist das nicht anders. Fair kündigen ist nicht leicht.
Stufe 1: Geschickt weglassen, unverfängliche Gründe vorschieben.
Der neue Arbeitgeber ist viel näher dran. Arbeitszeiten passen besser mit denen von meinem Partner zusammen. Die neue Schule von meiner Tochter liegt auf dem Weg. Das sind alles nette Gründe. Du machst es dem Unternehmen leicht. Eine schöne, nette und glatte Begründung. Auch wenn man daran zu schnell erkennt, dass es doch etwas anderes war. Dann kommen die Vermutungen unter der Hand. „Die versteht sich ja schon länger nicht mit der Chefin“.
Stufe 2: Die Wahrheit sagen – ohne Abwertung
Der neue Arbeitgeber ist interessanter, netter, reicher, zahlt mehr, hat bessere Kollegen, ein besseres Image, die schöneren Aufgaben. Das mögen die wahren Gründe sein, aber so ist es einfach falsch formuliert.
Mache Deine Fähigkeiten und Werte im Vergleich zwischen neuem und altem Unternehmen zum Ausgangspunkt Deiner Kündigung.
Beispiele:
- Das Wichtigste für mich ist Kreativität. Ich habe das Angebot bekommen, in einem unternehmensinternen, kreativen Start-Up zu arbeiten.
- Ich habe die Möglichkeit, mein Wissen und meine Fähigkeiten aus meiner Ausbildung auszuleben.
- Ich kann dort meine Idee zum Projekt X verwirklichen.
- Die Stärke und Strategie dieses Unternehmens sind die Forschung und Entwicklung, meine Richtung ist aber der Vertrieb.
- Zurzeit ist das Einkommen das wichtigste Kriterium. Ich wechsle, um mehr zu verdienen.
- Die Stärke dieses Teams sind die vielfältigen, unterschiedlichen Stile und Perspektiven. Das war gut und richtig für meine Entwicklung. Für meine nächste berufliche Phase und Verwirklichung suche ich ein sehr homogenes Team.
Gibt es einen richtigen Zeitpunkt, um fair zu kündigen?
Theoretisch ja. Aber es gibt kaum Regeln, die dort eindeutig Auskunft geben könnten. Klar, irgendwann wird es unfair, wenn zu wenig Zeit bleibt, um für meine Nachfolge zu sorgen („Das hättest Du mir auch früher sagen können“). Und zu früh kann es sein, wenn Du befürchten musst, dass das Leben zwischen Kündigung und Abgang kein Zuckerschlecken wird. Es kann aber auch eine Zeit großer Freiheiten sein.
Verdient der alte Arbeitgeber eine Abrechnung?
Wenn Arbeitgeber wirklich schlecht sind, könnte man meinen, dass die, die gehen, einen kräftigen Fußabdruck hinterlassen. Man hat ja eigentlich nichts mehr zu verlieren. Das ist aber nicht der Fall. Wenn ehemalige Mitkräfte eine „Abrechnungsmail“ an alle schreiben oder eine Blaskapelle bestellen, um wortwörtlich mit Pauken und Trompeten die Übergabe der Kündigung zu begleiten, ist das die absolute Ausnahme.
Selbst anonyme Kununu-Einträge sind eher selten. Damit lernt das Unternehmen natürlich nichts. Es gibt Millionen von Rachefantasien, aber wie viele werden davon wahr gemacht? Das Kalkül könnte sein: Ich habe immer noch ein bisschen zu verlieren, aber eben nichts mehr zu gewinnen. Das ist eine Strategie für Helden (Ich war auch kein Held!).
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