Cheftypen und Cheffing-Strategien. Nicht nur jeder „Jeck“ ist anders, sondern auch jeder „Chef“. Eine Möglichkeit, Typologien zu bilden, ist die Betrachtung der jeweiligen Ausprägung vier verschiedener Charakterzüge. Diese vier Bereiche sind der Hang zu
- Beziehung (grün),
- Innovation (gelb),
- Rationalität (blau) und
- Tatkraft (rot).
Niemand ist nur grün oder rot. Wir alle sind „Farbmischungen“. Wollen Chefs wirklich perfekt sein, müssten sie alle „Farben“ mitbringen. Das kann aber keiner. Wir alle sind „Spiegeleier“ in einer „quadratischen Pfanne“. Mit einem Eigelb als unsere zentrale Prägung und mit dem Eiweiß, das sich mit jeder Kompetenz-Entwicklung in der Pfanne ausbreitet. Da aber niemand die ganze Pfanne ausfüllt stehen wir vor zwei Herausforderungen:
Was machen Chefs zu wenig?
Wo ist in der Pfanne nicht einmal Fett? Was fehlt? Der Blaue, der den Wandel bremst, der Rote, der zu wenig auf Beziehung achtet, der Gelbe der zu wenig im Detail ist und der Grüne, der gerne laufen lässt und nicht konfrontiert. So ergeben sich häufig Führungs-Arbeitsteilungen. Ein Grün-Gelber mit einem blau-roten Vertreter. Ein Gelb-Roter mit einem Grün-Blauen usw..
Chefstrategien
Neben der Wahl der richtigen Partner liegt die zweite Strategie in dem bewussten Einsatz von Instrumenten, die das ausgleichen, was ich als Persönlichkeit wenig mitbringe. Fehlt mir blau, sollte ich z.B. beim Delegieren Checklisten einsetzen, die es notwendig machen, die Erwartungen genau zu beschreiben. Fehlt mir grün, brauche ich Gesprächsformen, die mich den Menschen nahe bringen usw.. Das sollten die Inhalte guter Führungsseminare sein: Welche Werkzeuge gleichen welche Farben aus?
Was macht der Chef zu viel?
„Wer nur einen Hammer hat, für den sieht alles schnell nach einem Nagel aus.“ Wenn es eng wird, nutzen wir gern als erstes unsere „Heimatstärken“. Und diese dann zu viel und bei Problemen, wo sie nicht hingehören. So gesehen gibt es gar keine Schwächen. Es gibt nur (Über-) Stärken im falschen Kontext. Ein Gelber wird chaotisch, unberechenbar, ein Grüner wird unsichtbar, nicht greifbar, ein Blauer wird zum Mikromanager und ein Roter aggressiv. Mischungen können die Führungsschwächen noch potenzieren. Ein Rotblauer macht Mitarbeiter wegen Details öffentlich zur Schnecke. Ein Gelbroter fordert jeden Tag eine neue Aufgabe als erledigt ein. Ein Gelbgrüner flieht in seine Lieblingsprojekte usw..
Was ist Cheffing?
Cheffing hat zwei Richtungen. Aus der Perspektive der Führungskräfte ist Cheffing das Zum-Mit-Chef-Machen der Mitkräfte (Leader create Leader). Aus der Perspektive der Mitkräfte ist Cheffing das Abnehmen von Führungsaufgaben. (Das Führen von unten ist keine Manipulation im Sinne von „Der Chef macht das, was ich will und hält es dabei für seine Idee.“) Cheffing ist die Einflussnahme, die dazu führt, dass mein Chef immer mehr davon macht, was ich brauche und immer weniger davon, was ich nicht gebrauchen kann. Darum ist das ultimative Cheffing-Ziel das fest-terminierte, regelmäßige Gespräch mit dem Chef über Arbeit. Was können wir besser machen? A. Lincoln soll gesagt haben „Wenn ich 8 h Zeit für das Fällen eines Baumes hätte. Ich würde 6 h davon die Axt schärfen.“
Was ist eine gute und was ist eine schlechte Führungskraft?
Das Schlimmste was uns als Mitarbeiter passieren kann, ist ein Chef, der nicht reflektiert ist. Einer, der sich nicht in Frage stellt, der sich selbst als Maß aller Dinge sieht. Vor dem Hintergrund der neuen Herausforderungen und weiter steigenden Veränderungsrate ist die Antwort ganz einfach: Wir brauchen Menschen, die sich selbst und ihre Führung jeden Tag in Frage stellen können. Darum ist bei der Chef-Wahl ein Kriterium zunehmend wichtig: Wie hoch ist der Narzissmus-Faktor der Chefin oder des Chefs auf einer 10-er Skala? „Führung kommt von Demut“ sagt eine chinesische Weisheit. Es ist nicht die „Farbe“, die gut oder schlecht ist. (Es ist immer die Farbe am wichtigsten, die gerade fehlt.) Es ist der Respekt und die Demut, offen zu sein für das, was ich (noch) nicht weiß oder kann.
Cheffingstrategien – erste Schritte
Was kann ich als Mitarbeiter tun? Wenn ich von meiner Führungskraft möchte, dass sie beim Führen auf meinen Typus achtet, sollte ich das als Mitkraft ihr gegenüber auch tun. Am besten hole ich jemanden da ab, wo er steht.
Wenn ich als Gelber mit neuen Ideen komme, wird das meine blaue Führungskraft eher verschrecken. Genauso wenn ich bei einem Grünen Forderungen stelle oder einer gelben Führungskraft mit Excel-Tabellen komme.
Als grüner Chef ist mir Nähe, Beziehung, das Geben und Nehmen wichtig. Ich möchte, dass es Dir gut geht. So kann es mir schon ausreichen, wenn Du mich bittest. Und wenn es etwas ist, was unsere Beziehung verbessert – umso besser.
Als Blauer möchte ich, dass alles vernünftig und richtig ist. Zeig mir etwas, das einfach und sicher ist. Etwas, das bis ins Detail geklärt ist und das ich voll verstehe (Das können auch Folien und Tabellen sein).
Als Roter bin ich ungeduldig. Es kann mir nicht schnell genug gehen. Schlage mir etwas vor, mit dem meine Ziele schneller erreicht werden (Verschone mich mit den Einzelheiten). „Ich habe da etwas mit dem wir schnell und wirksam auf den Punkt der Demotivationen ohne viel „Drumrum“ kommen können“.
Als Gelber kann es mir schon reichen, dass Du was Neues für mich hast. „Bist Du offen für und neugierig auf einen neuen Weg?“
Bei gemischtfarbigen Chefs lassen sich die Ansätze natürlich kombinieren. Diese Zugänge sind sicher nicht schon das Fußballtor, aber sie vermeiden den Pass in die falsche Richtung. Eigentlich ganz logisch, oder? Fast schon banal. Aber je wichtiger uns ein Anliegen ist, umso weniger scheinen wir die Farbe des anderen zu sehen.
Typus | Grün | Gelb | Rot | Blau |
Kernmotiv | Kooperation | Innovation | Realisierung | Rationalität |
Beitrag, Werte | Nähe, Beziehung, Vertrauen | Ideen, Wandel, Kreativität | Energie, Tatkraft, Durchsetzung | Vernunft, Präzision, Zuverlässigkeit |
Mischungen/ Übergänge | Grün-gelb: Wegbereiter, Stratege | Gelb-Rot: Weichensteller, Entrepreneur | Rot-Blau: Perfektionist, Controller | Blau-grün: Umsetzer |
Mögliche Schwäche bei starker Ausprägung | Laissez-faire, Wegduckend, nicht greifbar, konfliktmeidend | Chaotisch, zu viele Eisen im Feuer, sprunghaft, u.U. unzuverlässig | Dominant, überfordernd, verletzend, ungeduldig | Mikro-managend, bremsend, übervorsichtig |
Chefstrategie: Instrumente, wenn diese Farbe fehlt. | Vier-Augen-Gespräche über Arbeit, Teamentwicklungs-maßnahmen | Szenarien, Blicke in die Zukunft, Strategietools, Kreativitäts-techniken | Programme, Apps und Menschen, die Termine sichtbar machen und einfordern | Werkzeuge, die zur Präzision zwingen. Aufgaben und Projektbeschreibung, exakte Delegation |
Erste Ansätze einer Cheffingstrategie | „Ich habe eine Bitte, einen Wunsch… „ | „Neugierig auf etwas Neues… „ | „Das bringt uns schnell und wirksam an Ziel… „ | „Das ist bewährt, gut durchdacht und sicher… „ |
Beliebte Kanäle/Medien | Gespräche, Workshops, Meetings | Gute Geschichten, Beispiele, Plots | Kurze, schnelle Statements, Wenige, sehr griffige Folien mit Ergebnissen | Folien, Texte, Tabellen |
Beispiele | Grün-gelb: Richard Banson (Virgin) | Gelb-rot: Elon Musk (Tesla) Gelb-blau: Albert Einstein | Rot-blau: Martin Winterkorn (VW) | Blau-Grün: Angela Merkel |
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2 Kommentare
Unseren Chef habe ich auch erkannt;)
Schönes Wochenende
Daniel
Vielen lieben Dank dafür Ulrich.