Du hast unliebsame Aufgaben im Job oder im Alltag, die Dir immer wieder unangenehm sind? Dafür kann es zwei Ursachen geben:
1. Es ist immer wieder der gleiche „Bug“ im Ablauf der Aufgabe, der einfach nicht verschwindet oder
2. Die „Phobie“ geht auf ein negatives Einmalerlebnis zurück, das aber so gut gelernt ist, dass auch eine Reihe von positiven Erfahrungen diese Prägung nicht ausgleicht (Ich habe beim Konfigurieren meines ersten Windowsprogramms irgendwo ein Häkchen gemacht, das das ganze System zum Zusammenbruch gebracht hat. Ich habe bis heute Hemmungen, Einstellungen und Häkchen zu machen, obwohl mir seitdem kein System mehr abgeschmiert ist).
Die Zeitlupen-Technik
Prokrastination geht auf innere Einwände zurück. Es ist aber nicht immer einfach, diese aufzuspüren und aufzudecken. Ein Merkmal des Unbewussten ist seine Schnelligkeit. So nennt Daniel Kahneman sein Buch auch Schnelles Denken – Langsames Denken. Es entscheidet so schnell, dass das Langsame, Bewusste gar nicht mitbekommt, was da passiert ist. Ich sehe mich nur plötzlich etwas anderes machen. Geschirrspüler ausräumen, bei Facebook vorbeischauen, Mails checken und unliebsame Aufgaben bleiben mal wieder liegen…
Wenn das Unbewusste zu schnell ist für das Bewusstsein, dann muss man den Film so langsam machen, bis man die einzelnen Einwände erkennen kann. Es geht erstmal nur darum, alle Einwände zu sammeln und aufzuschreiben.
Beispiel: Du musst Folien für einen Vortrag machen und schiebst diese Aufgabe immer wieder vor Dir her. (Und Du hast diesmal keine Lust auf schlechtes Gewissen im Vorfeld und Endterminhektik kurz vorher).
Wir legen dem Unbewussten einen „Aufgabenfilm“ vor. Wenn z.B. in „Szene 14“ etwas vorkommt, wo es nicht weiter geht, wo es etwas Negatives zu befürchten gibt, legt das Unbewusste ein Veto ein. Das Unbewusste hat die Aufgabe, uns vor Schaden und Negativem zu bewahren und gibt an das Bewusstsein den Befehl: Aufgabe liegen lassen, nicht anpacken, Vorsicht Gefahr! Dieser Befehl kommt aber schon bei Szene 1! Ganz zu Beginn. Wir starten erst gar nicht. Das Unbewusste ist schnell und sehr digital: Ja/nein, 0/1, schlecht/gut.
Die 1. Szene oder der 1. Schritt ist aber fast nie der Auslöser, sondern irgendeine Szene weiter hinten. Wegen der Schnelligkeit wird dem Bewusstsein die auslösende Szene nicht gezeigt.
Also müssen wir den Film langsamer schalten, um herauszubekommen, in welchem Prozessschritt der Bug liegt.
Eine einfache Möglichkeit ist, die unliebsamen Aufgaben in kleine Schritte zu zerlegen und bei jedem Schritt nach Einwänden/Schwierigkeiten zu fragen:
Beispiel: Folien für einen Vortrag machen
Aufgabenschritt | Einwände oder zu erwartende Schwierigkeiten |
Zum PC gehen und anmachen | Keine |
Vorlage und Folienmaster auswählen. Was könnte gut passen? | Keine |
Titelfolie machen. Wie war der Titel? Mail zum Vortrag öffnen | Keine |
Folie mit der Grobgliederung machen: 1., 2., 3. … | Keine |
Folien mit den 3-4 Kernbotschaften des Vortrages machen | Das ist eine Botschaft zu viel. Dass schaffst Du in der Zeit gar nicht. (Lösung: Entscheide Dich, welche Kernbotschaft nicht so wichtig ist.) |
Welche Folien kannst Du aus anderen Vorträgen übernehmen? | Keine |
Folien reinkopieren, Fußnoten verändern | Keine |
Einzelbotschaften auf die Folien bringen | In einem Teil sind nur Texte. Zeichnungen und keine Bilder … (Lösung: Frage jemanden, der immer schon gute Ideen für Visualisierungen hatte) |
Bilder, Zeichnungen einfügen | Keine |
Schlusspointe ausdenken (Lustiges Video) | Keine |
Zum Korrigieren geben | Keine |
Lass typische Einwände, die das Unbewusste bei der Vorstellung der Folienerstellung hat, in Zeitlupe an Deinem inneren Auge vorbeilaufen: Sind die Folien gut genug? Werden das zu wenig Folien? Werden das zu viele Folien? Sind die Folien zu voll? Zu leer? Treffe ich das Thema? Zu theoretisch? Zu viele Beispiele? Usw.
Später und nach einer Pause kann man sich die Einwände anschauen und sich fragen, was man dagegen unternehmen kann. Viele Einwände sind wie Vampire. Sie verschwinden mit dem Augenblick, in dem das Sonnenlicht der bewussten Erkenntnis auf sie fällt.
Übung macht den Meister – Die Abkürzung
Es kann aber eventuell auch eine goldene Frage als Abkürzung helfen. Frage Dich direkt:
Was müsste bei der Aufgabe anders sein, damit Du Lust auf sie hättest? Welcher Schritt müsste verschwinden? Welche Schritte müsste man hinzutun?
Hier ein paar subjektiv geprägte Beispiel von mir selbst:
Beispiele | Was müsste anders sein |
Steuererklärung | Steuererklärung: Alle Daten, Nummern, Infos und Belege liegen vor (Du musst nicht suchen mit der Gefahr einer Endlosschleife im Ablauf der Aufgabe) |
Protokoll schreiben | Es müsste was Neues rein. Nicht nur Wiederholung von längst Gesagtem. Guckt doch eh keiner rein. „Kalter Kaffee“. |
Handwerker anrufen | Es dürfte nicht so sehr nach Beschwerde, nach Meckern und Vorwurf klingen/aussehen. |
Videos aufnehmen 1 | Ich müsste wissen, warum das Programm manchmal 5 mal so lange für die Übertragung der Aufnahmedatei in ein mp4-Format braucht. |
Videos aufnehmen 2 | Ich müsste das Video in viel kleinere Einheiten zerteilen können. |
Je häufiger man das macht, umso schneller kommt man mit der direkten Frage zum Ziel. Es scheint eine Lernkurve zu geben. So gesehen ist die Zeitlupentechnik ein Startprogramm, dass man wie Stützräder nicht mehr braucht.
Du interessierst Dich für weitere Techniken, um Deine Arbeit glücklicher zu gestalten? Unser 10-Schritte-Plan für glücklichere Arbeit zeigt Dir weitere Möglichkeiten!
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