„Schon (wieder) im Urlaub?“ „(Endlich) fertig geworden?!“ „(Eigentlich) bin ich sehr zufrieden mit Ihrem Projekt.“ „Ist das (überhaupt) Ihre Aufgabe?“ Es sind ganz harmlose Worte, die aus einem normalen Satz einen ärgerlichen Satz machen.
Beziehungs- oder Kommunikationsgifte
Bruno Latour (geboren 1947 in Beaune, Burgund, Sohn einer Winzerfamilie, Studium der Philosophie und Anthropologie) nennt diese Worte Beziehungs- oder Kommunikationsgifte. Sie werden untergemischt, manchmal mit Nebengeschmack, manchmal unbemerkt, aber immer mit feiner zersetzender Wirkung – mit Tendenz zur Anreicherung in der Beziehungssubstanz.
Die kleinen unschuldigen Worte machen aus normalen Fragen oder Sätzen Unverschämtheiten, die sich als Ärgerpunkte in der Beziehungsbilanz anreichern (Ärger summiert sich – Verstehen und gegensteuern).
Hoher unbewusster Anteil beim Senden und Empfangen
Das Gefährliche ist der schnelle unbewusste Anteil. Sowohl beim Senden der Nachricht als auch beim Empfangen. Die Gifte verraten unsere Grundannahme, unser Vorurteil, unsere Bewertung und Meinung. Sie flutschen schnell mit einem kleinen Wörtchen durch unsere Kommunikation-Wirkungs-Kontrolle (leadion.de).
Kommunikationsgifte sind kleine Worte, die aus normalen Sätzen kleine Sticheleien machen. (Vergleichen Sie die Wirkung der Sätze mit und ohne Einsatz des Giftes):
Ohne Kommunikationsgifte | Mit Kommunikationsgiften |
Kannst Du den Mülleimer runterbringen? | Kannst Du mal den Mülleimer runterbringen? |
Fahren Sie in Urlaub? | Fahren Sie schon wieder in Urlaub? |
Sind Sie fertig geworden? | Sind Sie diesmal fertig geworden? |
Sie haben mir versprochen … | Sie haben mir doch versprochen … |
Ich glaube … | Aber ich glaube … |
Wir sind sehr zufrieden mit Ihnen. | Wir sind eigentlich sehr zufrieden mit Ihnen. |
Bist du fertig? | Bist du endlich fertig? |
Trauen Sie mir das nicht zu? | Trauen Sie mir das etwa nicht zu? |
„Reaktion auf einen Satz des Vorredners“ – „Ja, und …“ | „Reaktion auf einen Satz des Vorredners“ – „Ja, aber …“ |
Auch beim Empfänger bleibt das Gift unterhalb des kognitiven Radars. Es wird nicht oder zu spät oder nicht so richtig bewusst aufgenommen. Doch das Gift wirkt trotzdem. Wir merken, dass uns etwas ärgert, können es aber nicht genau festmachen. Das erschwert häufig eine angemessene Reaktion.
Das Gegenmittel gegen Kommunikationsgifte
Haben wir das Gift erst entlarvt und erkannt, dann ist das Gegenmittel einfach. Nimm das Giftwort heraus und hinterfrage es:
Was meinen Sie mit „………………..“? (schon wieder, überhaupt, eigentlich, …)
Diese Präzisierungsfrage kann den Punkt deutlich machen, ohne weiter zu eskalieren, wenn die Frage körpersprachlich neutral und sachlich gestellt wird. Das ist zugegebenermaßen nicht immer einfach.
Und daher ist es manchmal besser, wenn Du darüber stehst und Kommunikationsgifte Kommunikationsgifte sein lässt. Ein inneres Schmunzeln hat schon manchen Teufel besiegt.
© Grannemanns Workbook