Kaum eine Fähigkeit ist wichtiger als die, zu lernen, sich zu entwickeln und stetig besser zu werden. Zum Lernen wäre nichts wichtiger als Feedback. Aber gerade damit tun wir uns schwer.
Einfacher Lernen
Eine sehr einfache, charmante und positive Alternative, um besser Feedback zu geben, ist die dreifache Lernschleife oder „Fruit Circle“. Dabei steht „Fruit“ für die Lernfrüchte und „Kreis“ für das Team oder die Gruppe, in der das Werkzeug angewendet wird.
Grundidee
Grundidee des Lernens ist, dass jeder Teilnehmer von den drei wichtigsten Lernpunkten erzählt, die er in der letzten Zeit hatte. Jeder der Teilnehmer der Gruppe (Minimum 2, Maximum 10) schreibt in zwei bis vier Stichworten seine drei wichtigsten Lernpunkte der letzten Wochen auf drei Post-its, z.B. Angebot für Kunde XY/Kalkulation. Jeder der Teilnehmer postet immer nur einen Lernpunkt und berichtet kurz davon, was da passiert ist und was er daraus gelernt hat. Die anderen fragen nach, holen sich Details, berichten eventuell von ähnlichen Erfahrungen und überlegen, auf welche ähnlichen Situationen dieser Lernpunkt ebenfalls passt. Danach kommt der nächste im Kreis nach vorne und postet seinen Lernpunkt.
Das Verfahren in drei Durchläufen zu gestalten, statt von einer Person alle drei Lernkarten auf einmal zu posten, hat sich als lebendiger, konzentrierter und fruchtbarer herausgestellt. Viele Teilnehmer verändern ihre Lernpunkte, werden mutiger, können sie genauer beschreiben und können in jeden einzelnen Lernpunkt mehr Konzentration, Energie und Genauigkeit stecken.
Es hat sich auch als gut herausgestellt, wenn der Moderator mit seinem eigenen Lernpunkt beginnt und mit gutem Beispiel vorangeht. Je offener und mutiger der erste Teilnehmer im Zugeben von Fehlern ist, desto besser wird das Eis gebrochen und umso offener sind die nächsten Teilnehmer mit ihren Karten. Eine kleine Abschlussrunde kann darin bestehen, dass jeder Teilnehmer den Punkt nennt, von dem er am meisten mitgenommen hat, mit einer ersten Idee, wie er diesen Lernpunkt in konkretes Verhalten in der Zukunft umsetzen will.
Steckbrief des Formats: Ziel: Möglichst viel aus Fehlern und Erfolgen für die Zukunft lernen. Lernpunkte Einzelner auf das gesamte Team übertragen. Herausstellen, dass Fehler völlig normal und „gut“ sind, solange man daraus lernen kann. Gruppengröße: 2 – 10 TN (5 – 7 TN sind ideal) Optimale Anzahl von Lernpunkten: ca. 20 (10 sind zu wenig, 30 zu viel) Durchschnittliche Dauer: 40 – 50 Minuten Höhere Anforderungen an die Moderation: Keine Gemeldete Störungen oder Schwierigkeiten: Keine |
Auszüge aus den Erfahrungsberichten von Führungskräften oder Moderatoren, die den Fruit Circle ausprobiert haben:
- Offenheit/Vertrauen: Ich liebe dieses Format. Aber nicht nur, weil man im Team auf einmal so viel lernen kann – auch ich persönlich nehme immer sehr viel mit – sondern weil eine Stimmung im Team entsteht, die von einem Klima der gegenseitigen Offenheit und des Vertrauens geprägt ist. Es wird ganz viel Druck genommen, indem jeder zugibt, dass er Fehler macht. Es ist die Metabotschaft „Fehler sind normal und ich bin bereit, das euch gegenüber zuzugeben und damit aber auch den Lernpunkt zu teilen und euch zu schenken.“
- Effizienzsteigerung: Bei uns ist die dreifache Lernschleife zu einem der Haupttreiber geworden, an den eigenen Prozessen und Abläufen allgemein zu arbeiten. Bisher war fast immer ein Punkt dabei, bei dem alle anderen gesagt haben „Das geht nicht nur dieser einen Person so, sondern allen. Und das ist ein Lernpunkt für das Team, für die allgemeine Abläufe und Regeln.“ Dieser insgesamt effizienzsteigernde Effekt war zwar nicht beabsichtigt, ist aber einfach da.
- Online-Format: Das geht gut online zum Beispiel über Teams, die Steuerung lässt sich schnell wechseln und jeder schreibt seinen Lernpunkt auf das digitale Whiteboard.
- Shift in der Fehlerkultur: Schon bei der ersten Durchführung dieses Formats in meinem Team hatte ich den Eindruck, dass meine Leute sich gegenseitig in der Disziplin übertrumpfen wollten, wer den größten „Bock“ gebaut hat. Ich musste nach eineinhalb Runden intervenieren und den Hinweis geben, dass wir natürlich nicht nur aus Fehlern lernen, sondern auch aus Erfolgen. Daraufhin haben einige Teilnehmer die eine oder andere Karte noch einmal umgeschrieben.
- Ersetzt viel Feedback: Ich liebe dieses Format als Führungskraft, denn ganz viele Punkte, die ich im Hinterkopf habe, um Feedback zu geben, sehen die Leute schon selbst. Sicherlich 80 % der Dinge, bei denen ich denke, dass ich darüber ein Gespräch führen müsste, wissen die Leute schon selbst. Sehr entlastend und sehr positiv.
- Sortierung/Ordnung der Lernpunkte: Wir sortieren die Lernpunkte von vornherein nach den Phasen unserer Wertschöpfungskette. Wir sehen so auf den ersten Blick, an welchem Prozessschritt wir Engpässe, Lücken bzw. eine höhere Fehleranfälligkeit haben.
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