Nicht nur ein schlechter Umgang mit Kritik, sondern auch das Annehmen von Lob kann im Job schnell nach hinten losgehen. Wenn sich der Chef nach dem Einehen Ihrer Ergebnisse (Wie gute Aufgabenseteuerung geht, lesen Sie in Teil 2.) meldet, gibt es so Manches zu beachten.
Nach der Aufgabe: Umgang mit Lob
Wenn Sie das Gedankenlese-Spiel verloren haben, ist das Beste, was Ihnen passieren kann, dass Sie was von Ihrem Chef hören. Wie laut und schlecht formuliert auch immer. Wirklich gefährlich ist, wenn Sie nichts hören. Dann kann es sein, dass gerade Ihre Probezeit vorzeitig abläuft oder Sie herabgestuft wurden.
In unseren Führungsseminaren stellen wir gerne folgende Frage: «Was glauben Sie, wie viel Prozent der Rückmeldungen, die eigentlich gegeben werden müssten, werden tatsächlich nicht gegeben (aus welchen Gründen auch immer)?» Die Schätzungen bewegen sich zumeist zwischen 50 und 95%! Die wenigsten Chefs bauen eine Kultur auf, in der es leicht ist, Feedback zu geben. So bleiben oft nur die Feedbacks, die entstehen, weil die Aufgabe für den Chef sehr wichtig war, und die spontane Emotionen (Wut und Ärger) bei ihm auslöst, und die Feedbacks, die vom System vorgeschrieben werden (Jahresmitarbeitergespräch/ Leistungsbeurteilung).
Erwartungs-Enttäuschung – Umgang mit Kritik
«Das war ja wohl nichts!», «Rede ich denn chinesisch?», «Wissen Sie überhaupt, was Sie da angerichtet haben?» sind Varianten der Spezies Feedback, die auf eine Erwartungs-Enttäuschung des Vorgesetzten zurückgehen. Je nach Typus kommt diese Kritik laut-cholerisch bis beleidigt-melancholisch daher. Der Chef fühlt sich blamiert und weiß im Grunde, dass er selbst einen hohen Anteil daran hat.
Der größte Fehler wäre in diesem Augenblick, das zu tun, was man am liebsten täte – nämlich nachzuweisen, dass wir nicht schuld sind. Sätze wie «Aber ich konnte doch nicht…»«Aber Sie haben doch…» sind Sätze, die dem fauchenden Drachen auch noch die Fesseln abnehmen. Sie fühlen sich ungerecht behandelt? Sie wollten doch nur das Beste? Und jetzt das! Sie möchten sich exkulpieren. Machen Sie das später, wenn es dann noch nötig sein sollte. Zum jetzigen Zeitpunkt wäre das der falsche Umgang mit Kritik.
Nicht erfüllte Erwartungen haben drei Sphären: Vergangenheit (Rechtfertigung, Vorwurf, Schuldschieben), Gegenwart (Wirkungen) und Zukunft (Auswege, Lösungen, Lernen).
Auch wenn Sie durch «Was haben Sie sich dabei gedacht?», «Warum um Himmels willen..?» in die Vergangenheit gedrängt werden, nehmen Sie das Spielangebot «Vorwurf-Rechtfertigung-neuer-Vorwurf» nicht an. Noch schlimmer ist es, wenn Ihr Chef gar nicht in die Vergangenheit möchte. Was lernt er, wenn Sie sich rechtfertigen? Was ist die Basisbotschaft der Rechtfertigung? Die Botschaft ist: «Ich habe Recht!» Und vor allem: «Ich werde, wenn die gleichen Bedingungen wieder auftreten, auch in Zukunft so handeln…». Das ist das Gegenteil von dem, was Sie wollen: Vertrauen wieder herstellen. Vertrauen entsteht über die anderen Sphären: «Ich sehe die Wirkung…» (Gegenwart) und «Was können wir tun?» (Zukunft). Je gleichmäßiger verteilt die drei Sphären werden, umso besser.
Pauschalfeedback
«Sie könnten etwas engagierter, teamfähiger, kommunikativer oder kundenorientierter… sein». Der Abstraktionsgrad so mancher Beurteilungs-und Mitarbeitergesprächsbögen legt nicht selten solche Aussagen nahe. Sie gehen in Trance, dass heißt nach Innen, in Ihre Erfahrungswelt und suchen nach Situationen, Szenen und Beispielen, die Belege für diese Aussagen sein könnten. Vielleicht werden Sie auch fündig und fangen sogar an, innerlich zu nicken. Sie werden Ihrem Chef nie verzeihen, dass Sie nicht den inneren Suchprozess unterbrochen haben und nicht gefragt haben: «Was genau meinen Sie damit?»«Wo/Wann haben Sie Hinweise darauf bekommen?»«An welchen Merkmalen werden Sie erkennen, dass ich teamfähiger, kommunikativer… geworden bin?» Sonst gehen Sie statt mit einer Idee, wie Sie sich entwickeln könnten, mit einer negativen Persönlichkeits-Zuschreibung aus dem Gespräch heraus.
Wenn Ihr Chef mal lobt
Wenn Ihr Chef Sie lobt: Zeigen Sie, dass Sie sich freuen! Erlauben Sie ihm nicht, dass er aus Ihrer Reaktion, ein «Das wäre doch nicht nötig gewesen» oder ein selbstverständliches, gönnerhaftes, cooles «Schon o.k.» eine Rechtfertigung zieht, sich nicht noch mal zu einem Lob überwinden zu müssen.
Ach ja, zum Schluss vielleicht noch etwas zum Aufräumen mit Karrieremythen. Natürlich gibt es im Schutzraum so mancher tunnelblickender, narzisstischer Mächtiger auch Karrierebiotope für Aufschneider, Verkäufer, Ideenklauer und Co. Und so manchen dieser Spezies habe ich in den diversen Potenzialkandidaten-Seminaren kennen gelernt. Nur, in den Führungsseminaren habe ich sie nicht mehr wieder gesehen!
Solche spezielle Karrierebiotope entstehen in Zeiten immer schnellerer Organisationswechsel sehr schnell. Sie verschwinden aber auch genauso schnell, wie sie gekommen sind. Aber Ärgerpunkte, die Sie in Ihrem Umfeld hinterlassen haben, die verschwinden nicht. Sie warten auf die Gelegenheit, sich zu formieren und im richtigen Augenblick zuzuschlagen.
© Grannemanns Workbook